

Den Weg aus Sydney heraus fand Tilly ganz allein und führte die beiden Deutschen erst einmal nach „Greenhills Beach“. Der Name war dort Programm. Neben grünen Hügeln, brandneuen Wohnhäusern und jeder Menge Strandwütigen gab es einen tollen Sandstrand und blaues Wasser mit hohen Wellen. Nach ein paar relaxten Stunden zog es sie in das kleine Städtchen nebenan, wo sie durch die Fußgängerzone flanierten und eine weitere Postkarte an ihren eigenen Namen schrieben, als Erinnerung. Zurück am Meer leerte sich der zuvor übervolle Parkplatz langsam, kein Campingverbotsschild war in Sicht, ein Freifahrtsschein für die Nacht. Mit frischen Aufbackbrötchen begrüßten sie den neuen Tag und fühlten sich bei etwas schmuddeligem Wetter und dem Duft der Teigwaren in der Nase fast wie zu Hause.
Der nächste Stop am Meer hieß „Woolongong“, aus der Aboriginesprache für „Meeresrauschen“. Dort wollten Deborah und Sven endlich die national und international bekannten und beliebten „Fish and Chips“ probieren, die unter englischem Einfluss auch in Australien Einzug gehalten hatten und an jeder Ecke erhältlich sind. Was man ihnen aber noch nicht verraten hatte, war die Tatsache, dass eine kleine Portion der saftigen Pommes nahezu eine ganze Familie ernähren konnte. So bestellte Deborah mal eben zwei mittelgroße Mahlzeiten und wunderte sich nicht schlecht über das riesige Paket, das sie in die Hand gedrückt bekam. Der Esstisch wurde mit einer dicken Schicht Fettigem überzogen. Den Deutschen verschlug es die Sprache und bei diesem Anblick beinah auch den Appetit. Nachdem sie alles in sich hineingestopft hatten, was sie konnten, packten sie das übrig gebliebene Kilo in den Kühlschrank. Sie leerten es Stück für Stück in den nächsten Tagen. In der Pfanne angebraten schmeckten die Reste gar nicht mal schlecht. Die überschüssigen Kalorien trainierten die beiden am nächsten Morgen in einem wunderschön angelegten Meerwasserpool wieder ab. Das Wasser war eiskalt, doch nach den ersten erschreckenden Minuten war die Erfrischung einfach eine Wonne. Ein paar Meter entfernt erspähten sie einen riesigen Stachelrochen. Er drehte seine Kreise zwischen den Holzstegen und tauchte direkt unter der Wasseroberfläche hindurch. Mit ausgebreiteten Armen war er mit menschlichen Abmaßen durchaus vergleichbar. Das nächste Highlight wartete zwischen Meer und Felsen. Wenn vom jahrelangen Ausspülen der Felsen große Löcher im Gestein entstehen und starke Wellen dazukommen, kann man das Phänomen der „Blowholes“ beobachten. Mit ein bisschen Geduld wird man je nach Größe des Loches hundertprozentig Zeuge einer meterhohen Fontäne von Wasser und Sprühnebel, die mit dem Geräusch der empor stürzenden Fontäne eines Wals an die Oberfläche dringt.
Weiter südlich in der traumhaften „Jervis Bay“ klapperten die beiden die schönsten Strände ab. Zwei Tage verbrachten sie in dem paradiesischen Gebiet. Superweiße Sandstrände zogen viele in- und ausländische Besucher an. Die Farben im Wasser und an Land veränderten sich mit den ziehenden Wolken und der Intensität der Sonne.
Zur nächsten Stadt ging es bergauf und es wurde grüner. Tilly kämpfte sich mit ihrer schweren Last tapfer die Berge hinauf, manchmal im zweiten, mal im ersten Gang. Auf halbem Weg führte sie ein Pfad in einen Nationalpark voller monströser Farne aus fern geglaubten Zeiten. Fehlten nur noch die Dinosaurier. Ein paar wuschelige Alpakas versuchten deren Platz einzunehmen und überboten sich gegenseitig in puncto Niedlichkeit.
Deborah und Sven hatten nie gedacht, dass sie von der Hauptstadt Canberra doch so angetan sein würden. Sie waren begeistert von der Fülle an Sehenswürdigkeiten, der ruhigen Natur und der friedlichen Stimmung. Den „Molonglo River“ hatte man durch einen künstlichen Damm soweit angestaut, dass man mittlerweile von einem See, dem „Burley Griffin“, sprechen konnte, der durch mehrere schöne Buchten in Ruhe genutzt werden konnte. Direkt am See fanden die Deutschen ein lauschiges Plätzchen, das für die ganze Woche als abendliches Esszimmer und Schlafplatz diente. Auch die Nationalbibliothek suchten sie regelmäßig auf und begannen, sich auf die anstehende Jobsuche vorzubereiten.
Canberra hatte wie gesagt einiges zu bieten. Da gab es zum Frühstück am See das Glockenkonzert des „National Carillon“, dem 50 Meter hohen Turmglockenspiel, das zum 50. Jahrestag der Gründung Canberras als Geschenk der britischen Regierung mit 55 schweren Glocken ausgestattet an die Stadt ging. Tolle Klänge versüßten die ohnehin schon zuckersüßen Nutellabrote und erhellten die Gemüter am Morgen.
Es ging weiter über das Kriegerdenkmal Australiens, das als sehr imposantes Gebäude 1941 eröffnet wurde und den Soldaten und Kriegen, an denen Australien im Laufe der Jahre beteiligt war, gewidmet wurde. Mit seinen zahlreichen und wohlaufbereiteten Ausstellungen sorgte es für einige Stunden für Beschäftigung. Deborah und Sven nahmen an einer Führung teil und konnten so die australische Sichtweise auf verschiedene Kriegsgeschehen ein bisschen besser nachvollziehen.
Danach zog es sie zur „National Portrait Gallery“, eine Sammlung von Porträts prominenter Australier, die in vielen verschiedenen Stilrichtungen variantenreich zur Geltung kamen.
Eine erfrischende Dusche zu finden war in einer Stadt, die nicht am Meer liegt, etwas schwierig. Über die „Wikicamps“- App fanden sie eine Anlaufstelle, die jedoch direkt neben dem Alten Parlamenthaus in den Gärten des „Senator Tennisplatzes“ lag. Voller Hoffnung packten sie ihren Duschkram zusammen, parkten Tilly in einer Seitenstraße und steuerten auf die Gärten zu. Ein Tor war abgeschlossen, das nächste durch die Aufschrift „Nur für Mitglieder“ versehen. Mit einem schnellen Seitenblick schlichen sie sich hinein und fanden nach kurzem Herumirren die richtige Tür. Diese war erfreulicherweise nicht verschlossen. Eine simple Dusche offerierte sogar warmes Wasser. Deborah und Sven waren wieder sauber und glücklich. Sie schlichen so schnell und leise wieder hinaus, wie sie herein gekommen waren und kamen ungesehen davon.
Dann war Zeit für das Australische Parlament, das auf einem Hügel in Sichtweite gegenüber des „War Memorials“ im Jahr 1988 eröffnet wurde. Sie konnten die farbigen Räume des Senats- und Repräsentantenhauses betreten und in den Hallen, Gängen und auf dem Dach herumspazieren. Die hauseigene Postfiliale nutzten sie für eine weitere Postkarte nach Hause.
Das nächste Ziel war das Höchste Gericht Australiens. Mit 40 Metern Höhe ist es für europäische Verhältnisse vielleicht nicht zu sensationell, doch der Mix aus Glas- und Betonfassade und die großzügige hohe und trotzdem verwinkelte Eingangshalle machte bei den Beschuldigten und der Gegenseite sicherlich Eindruck. Eine Dame war jeweils für einen Gerichtssaal zuständig und erläuterte den Besuchern die wichtigsten Merkmale.
Das „National Museum of Australia“ empfanden die beiden äußerlich als sehr innovativ, im Inneren jedoch nicht gerade einfallsreich oder kreativ gestaltet. Also peilten sie den „Telstra Tower“ an, der auf einem mächtigen Hügel magische Ausblicke auf die Stadt verspricht. Den Eintrittspreis sparten sie sich jedoch und nahmen auf dem „Mount Ainslie Lookout“ doch noch die Hauptstadt Australiens von oben in Augenschein. Von oben machten sie auch im „National Arboretum“ große Augen, dem Botanischen Garten der Stadt, der wunderschön angelegt und grün und hügelig verschiedenste Pflanzen und Bäume beherbergte und ganz nebenbei noch einen Blick auf die Stadt freigab. Zum Schluss gab es noch die „Royal Mint“ zu sehen, die nicht etwa etwas mit Minze oder Lutschbonbons, sondern mit Münzen und zwar königlichen Münzen zu tun hat. Das Gebäude wurde 1965 von Prinz Philip eröffnet. Dort werden alle Münzen Australiens produziert. Eine kleine Tour brachte ihnen die süßen Goldstückchen näher, jedoch schafften sie es nicht bis in ihre Geldbörsen.
Schweren Herzens verabschiedeten sich die beiden wieder von der Hauptstadt und fuhren in Richtung Süden nach Cooma und weiter gen Westen nach Jindabyne. Dort hatten sie ein schönes Ziel, sie wollten den Nationalpark besuchen und auf den höchsten Berg Australiens, den „Mount Kosciuszko“, steigen. In Cooma, einer kleinen niedlichen Stadt, fiel der Tagesanzeiger ihrer Reise auf die Zahl 500. So lange waren sie schon unterwegs und von zu Hause weg. Das musste gefeiert werden, mit Pizza und Sekt. Dort bemerkten sie auch schon die Ausläufer des hohen Gebirges, den „Snowy Mountains“, sozusagen den Australischen Alpen. Im Winter gibt es hier tatsächlich Schnee und deshalb auch richtige Skiorte, Skihotels und Läden mit dementsprechendem Zubehör. In Jindabyne übernachteten sie romantisch am See, die Abendstimmung war durch das goldene Licht der Sonne unübertroffen.
Ob wir es auf den höchsten Berg Australiens geschafft haben, lest ihr im nächsten Bericht!
2 Kommentare. Hinterlasse eine Antwort
Hallo ihr Weltenbummler!
Was habt ihr uns denn da auf euren Titelbild fotografiert? Sieht interessant aus. Wir sind gespannt wieviele “Hunderte” Jubiläums ihr noch feiern werdet.
Wir versinken zu Hause zur Zeit im Schnee. Das sind ganz andere Landschaftsbilder bei uns gegenüber euren sonnigen Weiten😄
Dann mal rauf auf euren Berg für die nächsten interessanten Bilder😉
Lg aus der winterlichen Heimat Eure Ellis
Auf dem Titelbild kann man die Kuppel der Gedenkhalle des Kriegsdenkmals von innen bestaunen 😉 ! Wir sind ebenso gespannt wie viele Jubiläen es noch geben wird. Den tollen Winter bei euch vermissen wir auch! Zumindest konnte uns ein bisschen Schnee im nächsten Beitrag trösten.