

Bevor Deborah und Sven sich vollends aus dem Bundesstaat Nordaustralien verabschiedeten, nahmen sie noch die Abendstimmung auf dem Hügel im zentralen Alice Springs mit. Umringt von Bergen stromerten einige Touristen um den Ausguck herum und suchten sich ein nettes Plätzchen aus. Nachdem die Sonne hinter einem Hügel ihr Tagwerk beendete, pflanzten sich die beiden Deutschen in das Heck ihrer Tilly, legten die mobile Tischplatte quer und genossen das Abendbrot im verschwindenden Licht. Im Dunkeln fuhren sie noch ein paar Kilometer bis zum nächsten kostenfreien Campingplatz. Die folgenden zwei Tag brachten ihnen 600 Kilometer Buckelpiste und eine unscheinbare Grenzüberquerung nach Queensland, den nordöstlichen Bundesstaat Australiens. Sie wurden schon ganz schön durchgeschüttelt, passierten unendlich viele Büsche und ein paar Bäume und ließen sich mal wieder mit rotem Staub überziehen. Jede Ritze hustete Staubwolken aus. Auf unergründlicher Weite parkten sie einfach an einer Einbuchtung direkt am Weg, putzten die Tilly notdürftig aus und gossen sich ein paar Flaschen Wasser über den Körper. Den „Plenty Highway“ (der Name kommt von den reichlich vorhandenen Bodenwellen) beendeten sie am nächsten Tag und haben die ersten Kilometer des neuen Bundesstaates erkundet.
Über Mount Isa, Clonclurry und Julia Creek erreichten sie schließlich Hughenden, wo sie den Highway Richtung Norden verließen. Eine herrliche langgezogene Felsspalte bekam ein paar Echorufe ab, dann wurde es plötzlich angenehm kühler. Das Bergland südwestlich von Cairns präsentierte sich wundervoll grün, hügelig und besucherfreundlich. Der Anblick von knallbunten Blumen, grünen Wiesen und grasenden Milchkühen versetzte die beiden in Österreich-Feeling. Nach den ganzen Outbackstraßen war das eine umwerfende Sache. Am Fluss gab es einen kostenlosen Campingplatz, die Erfrischung im Wasser war traumhaft. Für die nächste Zeit sollte dies nicht ihre einzige Abkühlung gewesen sein. Die Region verriet ihr nichteuropäisches Dasein nur durch Holzhäuser im Wildweststil und tropische Bananen-, Palmen- und Bambuspflanzen. Auch Riesenfeigenbäume, Dschungelabschnitte und Wasserfälle bestätigten neben den bunten Vögeln und komischen auf Bäumen lebenden Kängurus die Andersartigkeit der Umgebung. Am Tinaroo-See ließen sie ein paar Stunden lang die Seele baumeln und Deborah backte zum Frühstück Scones, die das Pärchen traditionell mit Marmelade vernaschte. Für die Nacht erklomm die weiße Dame einen verrückten Feldweg, der durch mehrere unverschlossene Tore abgeteilt wurde. Der Ausblick, der sich ihnen bot, war jede Anstrengung wert. Als die Dunkelheit hereinbrach, kümmerten sie sich um das Abendessen und den Kürbis, den sie schon zwei Monate mit sich herumfuhren. Er hatte die Hitze gut überstanden und wurde zu einem schmackhaften Curry verarbeitet.
Eine App half ihnen, gebührenfreie Campingplätze zu finden, die von den Nutzern auf der Karte eingezeichnet wurden. In den Stadtregionen suchten die Deutschen in der App vergeblich nach einem Platz, da die privaten Campingplätze das Steuer fest in der Hand hielten. Dann fuhren sie meist lange durch vermeintlich wenig bewohnte Gebiete und abgelegene Straßen. Mal eignete sich ein Parkplatz oder zur Not eine Straße in einem Wohngebiet zum Übernachten. Die beiden parkten dort spät am Abend und verließen den Platz am Morgen sehr zeitig, um Anzeigen durch Anwohner oder Ranger-Besuche zu vermeiden. So versuchten sie, die Städte an einem Tag anzuschauen, um am Abend etwas herausfahren zu können und sich ein Plätzchen zu suchen. Cairns schafften sie an einem Tag, schlenderten etwas durch die Straßen und ließen die Beine im öffentlichen Pool am Meer baumeln. Das Touristenstädtchen Port Douglas nördlich von Cairns eignete sich ebenso zum flanieren. Von dort aus bogen sie zum „Mossmann Gorge“ ab, waren aber für die Besichtigung zu spät dran und fuhren mal wieder nach einem Schlafplatz suchend durch die Gegend. Ein Kiesweg führte zu ein paar Feldern, dann direkt durch die Felder weiter. Nicht gerade optimal, wer wusste schon, wie der zugehörige Farmer drauf sein würde? Auf dem Rückweg sahen sie schon das am Feldrand näher kommende Auto und beschlossen, den Mann einfach zu fragen. Es war wirklich der Bauer, dem das Land gehörte und er erlaubte ihnen kurzerhand eine Nacht auf seinem Grund. Hinten, den Hügel hinauf, sollte ein guter Ort sein. Die Lichtung war wirklich sehr schön und lag ruhig inmitten von Grün. Nach einem entspannten Frühstück am nächsten Morgen steuerten sie den Gorge an und wurden etwas von der Touristenmasse erschlagen. Außerdem ließen sich alle mit einem Bus zu dem gut zu Fuß erreichbaren Fluss chauffieren und kauften bereitwillig Tickets. Deborah und Sven spazierten stattdessen die Straße entlang und konnten in ihrem verschwitzten Zustand das kalte klare Wasser noch besser gebrauchen.
Sie wollten noch einen Rundweg durch den Daintree Nationalpark mitnehmen und mussten dafür eigentlich die überteuerte Fähre, die den kreuzenden Fluss durchfuhr, ansteuern. Doch dann entschieden sie sich dazu, lieber einen krassen Offroadtrack, den Creb-Track, zu fahren. Dieser führte direkt durch die Berge und kannte keine Gnade. Es begann mit einer tiefen Flussdurchquerung. Im ersten Gang schob sich die Tilly langsam durch die Fluten. Das Wasser spritzte schon aus der Motorhaube heraus. Sie kamen auch die nächsten 26 Kilometer nur im Schritttempo voran und brauchten geschlagene drei Stunden. Manche Steigungen waren so steil, dass sie dachten, sie würden es nicht schaffen. Die Reifen drehten durch und nur dank der starken Untersetzung konnten sie es überhaupt wagen und schließlich einige heftige Passagen bewältigen. Sie übernachteten im Busch und beendeten den Pfad am nächsten Tag. Zurück an der Küste erwartete sie ein atemberaubend schöner Platz. Dort konnten sie frei übernachten und einen ruhigen Tag verbringen. Das Meer zeigte sich etwas stürmisch, brachte dadurch Abkühlung und endete in bestechenden Blautönen vor nebelumspielten Bergen. Als die beiden in der Dämmerung das Lagerfeuer entzündeten und die Umgebung in sich aufsogen, sprengte sich plötzlich ein Stück des Felsens ab, auf dem Sven die Holzstücke aufgeschichtet hatte. Eine weitere Explosion blieb zum Glück aus.
Über Cooktown und einen unspektakulären weiteren Rundweg kamen sie irgendwann wieder in Cairns an. Es war wieder Zeit für einen Ölwechsel, den sie in einer recht verlassenen Straße erledigten. Regen und Gewitter überraschten sie dabei und tropfnass begaben sie sich gleich noch unter die stets heiß ersehnte Dusche an der Lagune in der Stadt. Nun steuerten sie endlich den Weg Richtung Süden, nach Townsville, an. Wunderbare Badegelegenheiten ergaben sich bei den „Josephine Falls“ und dem „Crystal Creek“. Ausgezeichnet klares Wasser umspülte sie und sorgte für etwas Entspannung. Einige Touristen kamen später dazu und machten ihnen das spaßige Rutschen am glatten Stein eifrig nach.
In Townsville begnügten sich die beiden mit Ausblicken über dem Meer und Baden im Ozean und dem künstlich angelegten öffentlichen Pool. Im Meerwasser konnten sie nur im abgesperrten Bereich baden, der von einem Schutznetz umgeben war. Außerhalb dessen trieben die gefährlichen Quallen und eventuell auch Krokodile ihr Unwesen. Die Abendstimmung auf dem Hügel in der Stadt war unvergleichlich schön. Viele Jogger und Radfahrer nutzten die günstige Stunde für eine herausfordernde Sporteinheit und belebten die Wege und Straßen.
An der Küste entlang ging es weiter nach Süden. Ab und zu machten sie einen Abstecher zum Meer, das leider nicht direkt auf dem Weg lag, und schauten sich in Bowen und Airlie Beach um. Letzteres entpuppte sich als Touristenmekka mit Überangeboten an Touren und Einkaufsmöglichkeiten. Es gab ebenfalls einen freibadähnlichen Pool, der von Backpackern überquoll. Deborah und Sven gesellten sich kurz dazu, fuhren noch ein bisschen in der Gegend herum und wieder Richtung Highway. Weil sie ewig keinen Schlafplatz finden konnten, hielten sie an einem Haus am Feldrand an, wo sie ein paar Menschen auf ihrer Veranda sehen konnten. Der Farmer kam ihnen entgegen und hörte sich ihr Anliegen an. Er schärfte ihnen ein, dass sie kein Feuer anzünden dürften und auf Schlangen achten sollten. Ruckzuck war er in seinem Buggy verschwunden, schwang seine Bierflasche in der linken Hand und fuhr voraus. Vorbei an dem in der Gegend überall verbreiteten Zuckerrohr brachte er sie auf eine versteckte Lichtung und wünschte eine gute Nacht.
Weil die Deutschen zwei Pakete bestellten (das Netzteil von Deborahs Laptop war durchgeschmort und die Öl- und Dieselfilter waren im Internet viel billiger), die mit einiger Verzögerung an der Poststation ankamen, mussten sie zwei Tage warten. Am Meer holten sie die Bücher raus und machten ausgedehnte Strandspaziergänge, wurden in der Nacht aber von Sandfliegen heimgesucht. Diese winzigen schwarzen Punkte von Fliegen bissen gewaltig und hinterließen übel juckende rote Flecken. Um drei Uhr früh mussten die beiden so den aufwändig erforschten Übernachtungsplatz in der Nähe der Mangrovenwälder (in denen die Sandfliegen leben) aufgeben und weiterfahren. Völlig aus dem Schlaf gerissen und im Dunkeln konnten sie nicht viel erkennen. Letztlich entdeckten sie doch noch einen Feldweg ohne Tor und stellten das Auto einfach auf dem Weg ab. Die roten Flecken werden sie noch eine Weile auf Trab halten.
Nun befinden sie sich in Rockhampton und haben hier gestern die Kunsthalle und den Zoo angeschaut. Vom niedlichen Schimpansenbaby über Otter, Schlangen, Kängurus, Kasuare und Koalas bis zum mächtigen Krokodil waren einige Spezies vertreten.
Und nun geht es einfach weiter gen Süden, wir lassen uns überraschen. An alle LeserInnen noch eine schöne und gesegnete Adventszeit! Backt ein paar Plätzchen für uns mit 😉
12 Kommentare. Hinterlasse eine Antwort
Herrliche Landschaft dort in Queensland. Das sieht mal wieder super aus. Den Namen “Creb-Track” werde ich mir merken, das klingt sehr gut; ihr müsst den alten Gaul ja auch mal an seine Grenzen bringen! Noch zwei Fragen: Wie ist das Leben in Alice Springs für die Einheimischen (so mitten im Outback und hunderte Kilometer vom nächsten größeren Ort entfernt)? Und: Begegnet man am Meer (Cairns) plötzlich wieder viel mehr Menschen/Touristen oder ist das überall ähnlich?
Ja das war der krasseste Track bisher, mal sehen was noch so kommt 😁
In Alice lebt es sich wie in jeder anderen Stadt, es gibt alles was das Herz begehrt, das liegt auch an der Lage am Transportweg zwischen Darwin und Adelaide. Allerdings merkt man deutlich die Aborigineproblematik an diesem Ort. Sie werden ja von der Regierung ordentlich unterstützt, was offensichtlich mehr Probleme schafft als verhindert (Arbeitslosigkeit, Kriminalität, Spannungen).
Zur zweiten Frage: die Bevölkerungsdichte ist an der gesamten Ostküste deutlich höher als im Zentrum oder im Westen. Hier gibt es überall Touristenstädtchen, trotzdem findet man ab und zu verlassene Strände. Der Umschwung von der Einsamkeit zur Zivilisation war schon beeindruckend 😉
Halten sich die meisten Touristen also auch in den dicht besiedelten Gegenden auf oder wählen viele Wege durch das Outback oder entlang der Nordküste (so wie ihr)? Ich dachte in Alice Springs würde man sich recht verlassen vorkommen auf Grund der Entfernung zur nächsten Stadt oder dass es Versorgungsprobleme gibt, wenn die eine große Straße mal gesperrt werden muss. Oder gibt es noch mehr Möglichkeiten, die Stadt zu erreichen außer der Straße, auf der ihr gefahren seid?
Also die meisten Touris sind dort wo die meisten Touris sind, wir überall auf der Welt 😁 Wenn bei Alice Springs nicht gerade der Uluru und die WestMcDonalds wären, würden man dort wahrscheinlich “keine Sau” treffen. Viele nutzen auch den Flughafen von Alice und fahren dann nur noch die Strecke zu den Bergen. Und wenn die eine Straße mal unpässlich sein sollte, wird sicherlich fix ein provisorischer Umweg durch den Busch gepflügt, die Australier sind da unkompliziert 😊 Auf dem Plenty Highway z.B. haben wir keinen einzigen Touristen getroffen, da nicht asphaltiert. LG
Hallo ihr zwei Weltenbummler, mit Spannung habe ich heute eure Reisen weiter verfolgt. Es ist schon gigantisch, was ihr zwei erlebt und kann nur sagen. Respekt. Die Naturaufnahmen und Reiseberichte sind eine Wucht. Bewundern tu ich euch auch, wie ihr mit Ruhe und Gelassenheit eure mehr oder weniger großen oder kleinen Probleme löst. Hier im Erzgebirge liegt zur Zeit etwas Schnee aber ob er bis Weihnachten liegen bleibt, ist fraglich. Ansonsten leuchten in fast jedem Fenster Schwippbögen und Sterne. Ist schon ganz schön weihnachtlich im Erzgebirge. Ja und gebacken haben wir schon 3x Kekse. Wenn ihr wieder mal im Lande seit??? werdet ihr mit erzgebirglichen Keksen begrüßt, versprochen. Jetzt wünsche ich euch erstmal weiter viele schöne Reiseerlebnisse und eine besinnliche Weihnachtszeit. Glaub all die ihr kennt, werden grad in dieser Zeit sehr oft an euch denken und vermissen. Aber euch geht es gut, ihr seit gesund und irgendwann werdet ihr all eure Lieben wieder in den Armen schließen können. Liebe Grüße Corina, Gunter und Tarek
Hallo ihr drei, vielen Dank für die lieben Worte! Nun ist der Weihnachtsrummel ja schon wieder vorbei, aber im Erzgebirge bleibt es wohl noch eine Weile weihnachtlich 😀 Ihr habt die Feiertage bestimmt genossen, umso mehr Freude, Kraft und Ausdauer wünschen wir euch für die großen und kleinen Dinge im neuen Jahr! Bleibt behütet, wir freuen uns auf die Plätzchen wenn es dann soweit ist 😊 Lg, Debbi und Sven
Nun habt ihr schon den 24.12.2018. Bei uns ist noch der 23.12. und wir sind noch in den Vorbereitungen Kartoffelsalat, Weihnachtsbraten u.s.w. Wir wünschen euch ein besinnliches und gesegnetes Weihnachtsfest sicherlich der anderen Art in der Ferne. 🎄 Leider bleibt euer Platz dieses Jahr wieder leer an der Festtafel und kein Ende abzusehen 😩🍗🍸 Wir werden mit den Großeltern, Tanten, Onkeln und Freunde ein Glas auf euch trinken und hoffen euch irgendwann gesund und glücklich wieder zu sehen. Kommt gut durch das neue Jahr und denkt dran es warten viele sehnsüchtig auf eure Rückkehr. Frohe Weihnachten wünschen euch Vati, Mutti und Eric🎄🎅
Danke ihr Lieben! ♥ Wir vermissen euch auch 😉
Hallo ihr zwei,
wir wünschen euch noch ein Frohes Fest in der weiten ‘Ferne. Wir hoffen der Weihnachtsmann hat es auch bis nach Australien geschafft.
Kommt gut ins Neue Jahr, passt auf Euch auf und bleibt gesund.
Gruß Oma, Opa, (Eric)
Danke, das ist schön von euch zu hören! Lasst es euch gut gehen, an Heiligabend haben wir die Kamenzer zum Kartoffelsalat vermisst. Liebste Grüße! 😊
Hallo, ihr zwei,
ich bin gerade auf der Fahrt in die Schweiz zum Einsatz und nutze die Zeit, in eurem Blog zu stöbern. Erst einmal alle guten Wünsche für das neue Abenteurerjahr, Bewahrung, viel Schönes zu sehen, tolle Begegnungen!
Eure Fotos sind wunderschön und eurer Blog total spannend und unterhaltsam zu lesen. Bin ja gespannt, was ihr zu Weihnachten erlebt habt! Immer einen sicheren Schlafplatz wünscht euch
Christel
Hallo Christel, das ist ja toll von dir zu hören! Danke für die guten Wünsche, euch ebenso ein behütetes Jahr voller Freude, Gelassenheit und kleinen und großen spannenden Ereignissen! Liebe Grüße auch an Johannes von Debbi und Sven 😊
PS: Der Kommentar musste erst noch frei gegeben werden, du hast alles richtig gemacht.