

Vom Losfahren und Erleben.
Jetzt war es endlich soweit: Tilly war reisefertig! Stolz präsentierten wir allen unsere Arbeit der vergangenen Monate und bekamen viele nette Kommentare zu unserem Ausbau. Nun ging aber das große Aussortieren und Einräumen los. Einen ganzen Tag brauchten wir, um unsere sieben Sachen zu ordnen und in die Tilly zu räumen. Am meisten Spaß machte es, die Klamotten in dem neuen Kleiderschrank mit seinen schönen Schiebern zu verstauen. Überhaupt war es toll, verschiedene Schieber zu öffnen und Sachen darin verschwinden lassen zu können. In den letzten zwei Jahren auf der Farm hatte sich viel Zeug angesammelt, das wir versuchten, in den Stauräumen und in jeder noch so kleinen Ritze verschwinden zu lassen. Vergebens, es passte nicht alles hinein. Das heißt, wir bekamen zwar alles ins Auto, doch mussten wir während der Fahrt einige Taschen auf der hinteren Couch und im Gang verstauen und so ein paar Mal am Tag, wenn wir einen Stop machen oder irgendwo übernachten wollten, auf die Vordersitze und später wieder zurück räumen. Doch das war nicht weiter schlimm. Wir verabschiedeten uns von den Leuten von der Farm, wurden bei unserem Farmer Tony nochmal zu einem schönen Lammbraten eingeladen und verbrachten auch einen weiteren leckeren und geselligen Abend bei Adam und Familie. Dann ging es endlich los. Es war schon ein tolles Gefühl, die Tilly in Schwung zu bringen und endlich wieder ein paar neue Ziele anzusteuern. Vor allem freuten wir uns darauf, die ganzen neuen Dinge und die schöne Ausstattung zu nutzen.
Nächster Halt: Adelaide. Zwar hatten wir schon ein paar Tage in dieser schönen Stadt am Fluss verbracht, doch auf unserem Weg in die Flinders Ranges kamen wir sowieso wieder an ihr vorbei und gönnten uns nach unserem Frühstück am Meer einen entspannten Spaziergang durch die Stadt. Die vielseitige Markthalle mit ihren reichhaltigen Angeboten zog uns wie magisch an. Wir hatten die Wahl bei Obst, Gemüse, Fleisch, Fisch, Kaffee, Käse und feinen Backwaren. Auf jeden Fall mussten wir die australische Interpretation der portugiesischen Pasteis de Nata probieren. Sie waren vom Look her identisch, aber geschmacklich nicht ganz original. Bloß gut, da haben wir wenigstens einen Grund, Portugal irgendwann noch einmal zu besuchen. In die vielen schönen Kirchen warfen wir natürlich auch einen Blick und kamen gerade zur richtigen Zeit für ein kleines Konzert. Beeindruckend, was für ein Ruhepol so eine Kirche inmitten der Großstadt immer wieder sein kann, auch mit Instrumentenklang. Am Abend gingen wir noch zum Stadion und über einen Aussichtspunkt mit Blick über die Stadt wieder zum Auto zurück.

Nun war schon wieder Natur angesagt. Wir waren auf dem Weg in die Flinders Ranges, einer der bekanntesten Nationalparks Australiens. Besonders der Wilpena Pound hat durch seine spezielle Formation Ruhm erlangt, es handelt sich um eine natürliche überdimensionierte Felsformation in Form eines Amphitheaters. Bereits vor über 10.000 Jahren besiedelten Ureinwohner Australiens dieses besondere Gebiet und hinterließen ihre Spuren in mit rotem Ocker gezeichneten Felsmalereien. In der Sprache der Aborigines bedeutet „Wilpena“ soviel wie „gewölbte Hand“. Die Stätte war für sie heilig und wurde für besondere Riten verwendet. Erst um 1840 entdeckten die weißen Siedler die Gegend für sich und nutzten sie zur Viehzucht, später versuchten sie sich im Weizenanbau. Mehrere Dürreperioden im Laufe der Jahre ließ sie schließlich aufgeben. 1972 wurde dann der Nationalpark eingerichtet und ist seither ein Touristenziel mit Touren und Aktivitäten, Unterkünften und Rundflügen.
Wunderschöne Sonnenuntergänge, die die Natur in gleißendes goldenes Licht tauchten, begleiteten uns täglich. Die Ruinen eines alten Homesteads wurden durch diese Lichtbedingungen mit besonders interessanten Farben gestaltet. Wir fanden immer ein schönes Plätzchen, wo wir unsere Tilly parken und das Abendessen zubereiten konnten. Niemand störte sich an unseren Übernachtungsspots, solang wir diese mit ein wenig Bedacht auswählten. Manchmal reichte ein kleiner ruhiger Kiesplatz am Rande des Highways mit schönem Blick auf die Berge. Am nächsten Abend standen wir dann wieder inmitten von grünen Hügeln mit Aussicht ins Tal. Solang es ruhig und sicher war, fühlten wir uns wohl. Abwechslungsreich war es auf jeden Fall und wir sind mittlerweile ziemlich daran gewöhnt, jeden Abend woanders zu schlafen, was in unseren Augen das Reisen auch so spannend macht. Wir unternahmen mehrere Wanderungen durch die traumhafte Natur, die durch ihre vielseitige Flora auffiel. Außerdem gab es felsige Abhänge, steile Hügel, grüne Ebenen und viel rote Erde zu bestaunen. Am „Rawnsley Lookout“ verbrachten wir den ersten Wandertag. Der Weg brachte uns nach einer kurzen ebenen Einführungsphase relativ steil hinauf, sodass wir das erste Mal in den Wilpena Pound hineinschauen konnten. Das riesige Ausmaß der Ebene mit ihren schroffen Rändern war schon sehr beeindruckend. Auf dem Rückweg begegnete uns eine kleine Schlange. Auch Kängurus gab es zu sehen, die, sobald sie uns erspäht hatten, zunächst in Schockstarre verfielen, um dann nach einigem Überlegen direkt in die entgegengesetzte Richtung davon zu hechten. Unsere müden Beine schwangen wir dagegen wieder ins Auto und steuerten ein Flussbett unweit der Straße an. Mächtige Bäume säumten die ausgetrockneten Ränder. Wir holten das erste Mal unsere warme Dusche heraus und sorgten somit zumindest für ein wenig Nass. Eine wunderbare Erfrischung nach einem aktiven Tag. Der „Mt Ohlssen Bagge-Hike“ startete direkt am Besucherzentrum. Steinige und staubige Wege führten hinauf auf den Berg. Auch hier hatten wir einen exklusiven Blick in den Wilpena Pound, diesmal standen wir sozusagen mitten drin. Unterwegs trafen wir immer Menschen aus aller Welt. Diesmal überholte uns ein Tscheche, der uns von seiner harten Arbeit zu DDR-Zeiten in der Glasproduktion in Jena erzählte. Ein lustiger Typ. Sonst trafen wir auf diesem Aufstieg keine Menschen an. Komisch, wie manche Wege und Aussichtspunkte wie leer gefegt waren und andere Orte extrem viele Besucher anzogen. Letzteres war vorrangig zum Sonnenuntergang auf begehrten Aussichtspunkten der Fall, wie auch an diesem Abend. Nach dem Spektakel bogen wir in einen für Touren ausgewiesenen Pfad hinein und passierten dabei ein offenes Tor. Ganz wohl dabei war uns nicht, weil wir nicht wussten, ob das Tor am Morgen noch offen sein würde und wir wieder heraus kommen würden. Alles war eingezäunt. Jedoch lohnte sich der Abstecher absolut, wir hatten den schönsten Spot der Welt auf einem kleinen Hügel mit Blick auf die Berge gefunden. Und wir waren ganz allein dort. Die abendliche Dusche nahmen wir im Mondschein unterm Sternenhimmel. Der nächste Morgen brachte den großen Schrecken: das Tor war zu. Wir sahen uns schon durch die Büsche hacken oder den Weg bis ans andere Ende fahren, bis wir direkt ans Gitter heran fuhren und erleichtert feststellten, dass die Kette zwar angelegt, doch das Schloss nur eingehangen war. Welche Erleichterung! Den Abschluss unserer Tour durch die Flinders Ranges machte ein unbefestigter Weg durch den „Brachina Gorge“. Eindrucksvolle River Red Gums (Rote Eukalyptusbäume) standen locker verteilt in diesem trockenen Flussbett mit teils steilen Wänden und nassen Stellen. Der tief liegende Pfad war sehr abwechslungsreich und fühlte sich herrlich abenteuerlich an. Ab und zu stiegen wir aus, um ein paar Fotos zu schießen und die Atmosphäre zu genießen. Wir hätten ewig so weiterfahren können.
Wenn wir so unterwegs sind, müssen wir uns ab und zu gegenseitig versichern, wie gut wir es doch haben und dass wir wirklich „nur zum Spaß“ durch die Landschaften und Orte ziehen. Was für ein unglaublicher Luxus, den wir natürlich außerhalb vom Arbeiten zutiefst genießen. Und dabei brauchen wir nicht mal viel zum (Über-) Leben.
2 Kommentare. Hinterlasse eine Antwort
Dann weiterhin viel Spaß mit eurer neuen Ausrüstung im Härtetest. Ich wünsche euch, dass die vielen Stunden des Überlegens und Arbeitens jetzt auch zu einem sehr guten Ergebnis führen und ihr mit allem zufrieden sein könnt. Eine gute Zeit weiterhin!
Vielen Dank! 😊