

Wiedersehen, Urlaub und Abschied
Sie warteten und warteten. Um sie herum drängte sich die aufgeheizte Masse der Hotelangestellten. Alles Männer. Jeder hatte ein Schild in der Hand. Darauf standen die verschiedensten Namen europäischer, englischer, japanischer oder russischer Herkunft. Wer ganz vorn an der Absperrung zum Ankunftsbereich stand, hatte die besten Chancen, zeitig entdeckt zu werden. Deborah und Sven warteten eine halbe Stunde, dann eine Stunde, daraus wurden zwei. Die Koffer der Neuankömmlinge wurden ewig nicht an ihre Besitzer geliefert. Drinnen warteten die Eltern und der Bruder von Sven genauso lang und vom weiten Flug ziemlich erschöpft. Dann kamen sie endlich aus der viel beachteten Schiebetür geschritten und schauten sich neugierig um. Das Wiedersehen nach neuneinhalb Monaten war herzlich. Die Urlauber erzählten kurz vom Flug und wurden mit einem Kleinbus zu ihrem Hotel gefahren. Deborah und Sven überholten die Fuhre mit dem Roller und schauten sich später das Hotel an. Am Abend statteten die fünf Deutschen dem Strand einen Besuch ab und aßen die ersten indonesischen Reisgerichte.
Die kommenden Tage waren vielseitig. Zu Beginn wurden sie mit Regen und dunklen Wolken überrascht, bevor die tropische Sonne ihr Können zeigte. Ihr Können zeigten auch die Männer der Reisegruppe auf dem eher ungewohnten Fortbewegungsmittel, dem Roller. In einer Seitengasse konnten sie zwei Roller ausleihen und sich mit den Zweirädern vertraut machen. Gemeinsam schlängelten sie sich durch den dichten Verkehr der Stadt bis zur Schildkröteninsel und auf die andere Seite, nach Kuta. Dort erwartete sie ein langer Sandstrand und viele schicke von Touristen überfüllte Läden und Restaurants. Ein Abstecher brachte die Familie zum lokalen Fischmarkt. Für deutsche Verhältnisse war es dort eher unhygienisch und chaotisch, doch das Angebot war bunt und groß und sie konnten frischen Fisch für das Abendessen ergattern. Ein Thunfisch und ein Red Snapper wurden zur Weiterverarbeitung eingepackt. Während sie noch etwas Gemüse dazu kauften, trug sich auf der Straße ein kleines Handgemenge zwischen Touristen zu, die mit ihren Rollern aneinandergeraten waren. Auch für Deborah und Sven war das ein seltenes Bild. Alle waren froh, am Abend wieder unbeschadet zurück zu kehren. Da sie vergessen hatten, den Red Snapper ausnehmen und schuppen zu lassen, konnte sich das Familienoberhaupt in der Küche der Reisenden ordentlich austoben. Der Fisch schmeckte vorzüglich und blieb nicht der letzte in der gemeinsamen Zeit.
Am kommenden Tag bahnte sich die Rollerriege ihren Weg nach Ubud. Nach einer Stunde erreichten sie die kleine Stadt mit ihren Gassen und unzähligen Tempeln, Läden und Boutiquen. Das Mittagessen nahmen sie mit Blick auf die Reisterrassen ein und besuchten diese nach der Stärkung nochmal genauer. Dafür ging es weiter bergauf in kühlere Gefilde. Kleine langgezogene Felder reihten sich aneinander, auch schräg übereinander und bildeten ein einzigartiges grünes Tal, das von Palmblättern beschattet wurde. Sie schossen ihre Bilder und fuhren dann weiter zum „Pura Tirta Empul“, dem Tempel der heiligen Quelle. Auf einmal mussten sie von der geteerten Hauptstraße abbiegen und eine Schotterstraße bewältigen. Die Männer kamen auf ihre Kosten und alle wurden kräftig durchgeschüttelt. Als dann der Weg über eine kleine schräge Holzbrücke führte, gerieten die Roller ins Rutschen und Stottern, aber auch das schafften sie problemlos. Der Abenteuerweg war bezwungen. Am Eingang des Tempels wurden sie mit Sarongs eingekleidet und konnten sich so die Anlage anschauen. Neben vielen Toren, dem Badebereich mit heiligem Quellwasser und einzelnen Tempelbauten gab es ein ummauertes Becken, wo die Quelle an die Erdoberfläche dringt, zu sehen. Im klaren Wasserbecken konnten sie das wirbelnde Quellwasser gut erkennen. Nur der Bereich, in dem gebetet wurde, durfte nicht betreten, sondern nur von außen besichtigt werden. Nach der Rückfahrt und einem leckeren Abendessen war der ereignisreiche Tag abgeschlossen und alle schliefen fest bis zum nächsten Morgen.
Ein weiteres Highlight war der „Uluwatu-Tempel“, der auf der südlichen Halbinsel vor allem durch die Lage auf einer Klippe am Meer und der Steilküste beeindruckte. Ein unaufhörlicher Strom von Touristen drängte sich treppauf und treppab an den Mauern mit umwerfendem Meerblick entlang. Die Sonne brannte noch recht heiß und ließ die Schaulustigen von Schatten zu Schatten schnellen. Mehrere Affengruppen warteten am Wegesrand auf Belustigung durch die Menschen und glotzten mindestens so interessiert zurück, wie sie angestarrt und fotografiert wurden. Am Abend wollten sich die fünf Deutschen den traditionellen „Kecak-Tanz“ anschauen. Ihr Fahrer bot sich an, die Karten dafür zu ergattern, bekam das Geld von ihnen und setzte sich im Eiltempo gegen die Scharen an Interessierten durch, sodass die deutsche Familie mit die erste war, die die Tribüne betreten konnte. Eine Stunde blieb bis zum Beginn der Aufführung und das Areal füllte sich allmählich bis auf den letzten Platz. Als sie dachten, dass niemand mehr hinein passte, wurden zunächst die Fluchttreppen mit Zuschauern belegt, dann kamen ein paar weitere Stühle dazu und als das nicht mehr reichte, setzte man die Tanzfläche voll bis diese immer kleiner wurde. Es konnte schließlich niemand mehr hinein oder hinaus kommen und die Show begann. Ein Männerchor in typischen Gewändern wiederholte die immer gleiche Melodie, während die Zuschauer versuchten, der aufkommenden Trance zu entgehen. Männer und Frauen mit kunstvollen Masken und aufwendigen Kleidern spielten eine hinduistische Geschichte nach. Am Ende wurden die Schaulustigen mit einbezogen und die Aufführung nahm ihren Höhepunkt in einer kurzen Feuerdarbietung. Den Abend ließen sie beim Italiener um die Ecke ausklingen und gönnten sich gemeinsam Pizza, Pasta und Eisschokolade mit viel Sahne.
Morgens trafen sich die Urlauber und die Reisenden am Strand. Der Treffpunkt war „die schiefe Palme“ und wurde je nach Lage der Gezeiten zu unterschiedlichen Stunden angesteuert, um möglichst viel Wasser zum Baden abzubekommen. Nach dem Sprung in das kühle Nass trockneten sie in der heißen Sonne. Am vorletzten Morgen waren sie besonders zeitig da, um den Sonnenaufgang zu sehen. Wegen der dichten Wolken befürchteten sie, die Sonne gar nicht zu Gesicht zu bekommen. Doch dann wurden sie Zeugen eines schönen Naturschauspiels. Die Wolkenschichten wurden abwechselnd mit unterschiedlichen Farbnuancen angestrahlt und in Szene gesetzt. Die Stimmung wechselte von orange in gelb und es wurde immer heller. Plötzlich schob sich der leuchtende Ball in ihr Sichtfeld und wanderte zügig nach oben, versteckte sich wieder hinter den Wolken und wurde schließlich so hell, dass sie nicht mehr hinschauen konnten. Sie schlossen ein wunderbares Frühstück an und bummelten dann noch ein bisschen durch die Straßen.
Auf jeden Fall waren Deborah und Sven sehr dankbar für den Besuch der Familie und freuten sich, deren Urlaub miterleben zu können. Die Gäste hatten alles mitgenommen, was geht: Regenwolken und Schauer, wo vorher nur blauer Himmel war. Eine Schlange, die die Straße kreuzte und mit dem Roller erfasst wurde. Ein Kratzer am Roller, der nicht von ihnen kam, aber abgeklärt werden musste (niemals zuvor ist den beiden Reisenden so etwas passiert). Stromausfall in einem schönen Restaurant während des Essens. Die Schlägerei am Fischmarkt. Stau und volle chaotische Straßen. Und nicht zuletzt der Ausbruch des Vulkan Agung am Freitagmorgen. Der Flughafen wurde am Freitag zunächst komplett geschlossen. Verlässliche Informationen über den Flugstatus waren schwer zu bekommen. Die Aschewolke und der Wind entschieden nun über die kommenden Stunden und Tage. Glücklicherweise beruhigte sich die Lage schnell und die Gäste konnten einen Tag später den planmäßigen Flug antreten. Der Abschied fiel natürlich schwer. Vom Balkon aus hielten Deborah und Sven Ausschau nach dem Flugzeug und warteten so einige Flieger ab. Mit dem Teleobjektiv konnten sie die richtige Maschine ausmachen und winkten ihr zu, obwohl sie natürlich wussten, dass es niemand sehen würde.
Danke, dass ihr uns besucht habt! Danke auch für die vielen liebevollen Grüße aus der Heimat! Danke für das Lesen des Artikels und das Mitfiebern mit uns!
Für uns geht es am Mittwoch weiter nach Australien! Ein neuer Kontinent mit neuen Herausforderungen liegt vor uns. Wir haben die zehn Monate in Asien sehr genossen und viel gesehen und gelernt. Jetzt freuen wir uns vor allem auf die tolle Natur und die Tierwelt. Wie immer, es wird und bleibt spannend!
4 Kommentare. Hinterlasse eine Antwort
Selamat siang,
wir bedanken uns auch für die Herzliche Begrüßung am Flughafen in Denpasar und für die Tollen Stunden nach so langer Zeit mit Euch. Kommt Gut nach Australien und passt auf Euch auf.
Treffpunkt ” schiefe Palme” ja das fehlt uns. Der Alltag hat uns wieder und der erste Arbeitstag liegt hinter uns. Es war ein weiter Weg zu euch aber es hat sich gelohnt. Euch nach so langer Zeit mal wieder umarmen , gemeinsam kochen, Alltag von euch erleben und gemeinsam mit der ganzen Familie das Land und die Leute erkunden. Es hat Spass gemacht!
Wir haben unseren Akku etwas wieder aufgetankt für die nächste lange Zeit ohne euch und für unseren Arbeitsalltag.
Wir drücken euch die Daumen für euer nächstes Abenteuer Australien, bleibt gesund und seid behütet. Danke es war sehr schön die Zeit in Bali 🙂
Aha, jetzt ist es so weit. Asien wird verlassen. Allerdings mit einem Happy End wie mir scheint. Auf jeden Fall lässt dieser Bericht das vermuten; schön, dass es tatsächlich jemand geschafft hat, euch zu besuchen! Wenn ihr etwa 10.000km näher an Dresden dran wärt, würden wir das auch gern mal machen! Dann mal gutes Gelingen für den nächsten Abschnitt eurer Reise. Viele Grüße
Wir haben die Zeit mit euch auch sehr genossen! Asien war uns eine Riesenfreude, wir sind schon etwas traurig, den Kontinent zu verlassen. Aber das nächste Abenteuer ist nicht weit und wird sicherlich genauso spannend, nur auf andere Art und Weise.
Genau 9.999 km näher, Treffpunkt Ankara, wann und wie?