

Vom Planen und Ausbauen.
Und schon wieder ist Weihnachten vorbei. Zugegeben, der letzte Artikel ist nun schon eine Weile her. Doch wir sind noch immer in Australien und wenn wir nicht gerade arbeiten, fahren wir mit unserer nun frisch ausgebauten Tilly in der Gegend herum. Wir sind super zufrieden mit unserem neuen Ausbau, so viel ist schon mal klar. Doch bis dahin war es wirklich ein langer und nervenaufreibender Weg für uns.
Alles begann ja mit der Idee, mit unserer Tilly über den Landweg nach Deutschland zu fahren. Über Südkorea, Russland, die Mongolei, einige -Stan-Länder und den Iran wollten wir schließlich durch die Türkei bis in die Heimat reisen. Die politischen Ereignisse vom Februar haben uns leider dann dazu gezwungen, unsere Pläne zu ändern. Da wir bei dieser Route zwingend durch Russland würden fahren müssen, haben wir schließlich den kompletten Plan abgeblasen. Doch der Ausbau war schon in vollem Gange und eigentlich wollten wir sowieso früher oder später noch den südamerikanischen Kontinent ebenfalls mit unserer Tilly erkunden. Die Mühen waren also keineswegs umsonst.
Nachdem wir Tilly vom Restaurateur zurück bekommen hatten, erstrahlte das gesamte Dach mit neuem Rahmen in schönem weiß. Es war alles ordentlich erneuert und verarbeitet worden, sodass keinerlei Rost mehr zu sehen war. Ebenso hatten wir neue Fenster erstanden, die er für uns eingeklebt hatte. Die oberen Dachfenster hatten wir vorsorglich heraus genommen, sie sollten durch größere Fenster ersetzt werden. So fuhren wir nun mit Löchern im Dach zurück zur Farm und machten uns im nächsten Schritt direkt daran, die neuen Fenster (auf deren Lieferung wir sehr lang warteten) und die Dachluke einzubauen. Mit der Stichsäge fuhren wir auf den vorgezeichneten Linien durch das Glasfaser, das ging erstaunlich gut. Vorsichtig klebten wir dann die neuen Fenster ein und ließen das Ganze gut trocknen. Das Raumgefühl hat sich durch die Dachluke und die größeren Fenster deutlich verbessert. Auch haben wir jetzt mehr Licht und eine bessere Durchlüftung, was gerade beim Kochen und an warmen Tagen sehr hilfreich ist.
Weiter ging es mit den Vorbereitungen für die neue Bodenplatte. Den Innenraum hatten wir ja zu Beginn schon von allem Mobiliar befreit, sodass wir mit unserem neuen Ausbau wirklich komplett von vorn anfangen konnten. Nun mussten wir noch alle Klebereste, Schmutz und Rost mit Brennspiritus und den Drahtbürstenaufsätzen der Bohrmaschinen bearbeiten. Schon dieses Procedere nahm mehrere Tage in Anspruch. Ein paar Stellen waren leider dermaßen durchgerostet, dass wir direkt neues Blech einsetzen mussten. Großzügig trugen wir auf dem Boden und in der Fahrerkabine eine dicke Schicht Rostschutzmittel auf und überpinselten diese schließlich mit weißer Farbe. Als alles getrocknet war, nahmen wir uns auch gleich noch die Seiten und Türen vor und gaben allem einen frischen Anstrich. Der Boden war mit seiner Wellenstruktur eine Herausforderung für den nächsten Schritt – die Isolation. In der Fahrerkabine, aber auch in den Türen verklebten wir sound deadener, also Schallschutzmaterial. Danach schnitten wir geduldig Streifen für Streifen von der dicken Isolationsmatte ab, um diese in den Wellentälern zu befestigen. Eine weitere Schicht vom Isolationsmaterial schloss die Bastelei ab. Nun waren wir bereit für die Bodenplatte, welche nach dem zurecht Sägen und Anpassen eingelegt, durch die Karosserie verschraubt und verklebt bzw. abgedichtet werden konnte. Nach einer Schicht Kork als zusätzliche Dämmung konnten wir unsere Gummimatte wieder verlegen. Alles sah nun eigentlich aus wie vorher, doch die Substanz hat sich stark verbessert.
Bevor wir jetzt mit dem Möbelbau beginnen konnten, hatten wir die ganze Elektrik, die Wasserverlegung mit Wassertank und -pumpe, den Warmwasserboiler mit neuer Dusche und den Einbau der Dieselheizung mit eigenem Tank und Einfüller vor uns. Für die elektrischen Geräte mussten wir uns exakt überlegen, wo genau wir Strom benötigten würden. Jede kleine Steckdose und jedes Licht musste schon vorgeplant sein und somit mussten wir nun auch den späteren Einbau der Möbel im Detail festlegen. Alle Kabel wurden von der neuen Lithium-Batterie, die vom Solarpanel gespeist wird, im Fahrzeug verteilt, befestigt und mit ihren Endgeräten verbunden. So auch die Dieselheizung, die im linken hinteren Zwischenraum zwischen Karosserie und eigentlichem Wohnabteil verschwand. Der zugehörige Dieseltank versteckte sich wiederum im hinteren rechten Abteil und wurde mit einer kleinen Leitung mit der Heizung verbunden. Die Befüllung des Tanks bereitete uns tagelange Kopfschmerzen, weil wir kein weiteres Loch ins Blech sägen wollten. So blieb uns am Ende nur der vorhandene Lüftungsausgang, den wir in geduldiger Friemelarbeit zum Einfüllstutzen umbauten und so gut es ging abdichteten. Für kalte Tage in Südamerika waren wir jetzt gerüstet.
Der Warmwasserboiler würde uns mit Freude den Aufwasch erledigen und unter die Dusche springen lassen. Welch eine positive Veränderung, in seinem Haus auf Rädern auch warmes Wasser zur Verfügung zu haben! Für die Installation der Dusche schnappte Sven sich die Stichsäge und formte zwei kreisrunde Löcher ins Blech. Eins für den kleinen Duschkopf, das andere für die Mischarmatur. Weiße Plastikklappen verdeckten die Teile und wir hatten ab sofort eine warme Außendusche zur Verfügung. Unser neuer 90 Liter Wassertank erlaubte es uns, mehrere Tage bis hin zu einer Woche ohne Wasser nachzufüllen unterwegs zu sein. Alle Zwischenräume waren jetzt gut genutzt. Die restlichen Spots bereiteten wir als Staufächer vor und verkleideten zu guter Letzt die Zwischenräume mit den vorhandenen Holzplatten, die wir nur neu gestrichen hatten.
Der untere Teil des Wohnabteils war nun gut vorbereitet. Allerdings hatten wir noch das ganze Dach vor uns. Zunächst hatten wir dort nur eine Korkschicht als Dämmung angeklebt, was an sich schon ein fieses Unterfangen war. Gern wollten wir mit möglichst natürlichem Material im Schlafbereich arbeiten und hatten uns deshalb für Kork als Isolationsschicht entschieden. Leider mussten wir feststellen, dass jegliche Art von Kleber aus dem Baumarkt zum Anbringen dieser Schicht erstens total unschönen Gestank verbreitete, der einem gefühlt die Atemwege verätzte. Zweitens hatten wir auch mit mindestens der Hälfte der Kleber kein Glück – der Kork blieb nicht oben! Verzweiflung machte sich breit, vor allem nachdem wir auch alle anderen Kleber des (einzigen) Baumarktes ausprobiert hatten. Unverschämt teuer waren sie sowieso. Wir mussten uns richtig dazu überwinden, die Klebearbeiten irgendwie fortzusetzen und versuchten es einfach nochmal mit dem bisher noch am besten funktionierenden Produkt der unterschiedlichen Klebetuben und -näpfchen. Stück für Stück arbeiteten wir uns vor und strichen ein paar Zentimeter des Korks ein, bevor wir das Gegenstück am Dach einpinselten und endlich aneinander klebten. Am Ende des Tages waren unsere Körper genauso klebrig wie alle Klebetuben aus dem Baumarkt zusammen. Das Zeug war nur schwer wieder ab zu bekommen. Außerdem konnten wir uns auf keinen Fall schon zurücklehnen, denn zwei weitere Klebeaktionen lagen noch vor uns. Da war der schöne grüne Vinylstoff, den wir als Abschlussschicht gegen unseren grauen Teppich im Dach eintauschen wollten. Der wollte erst mit Isolationsstoff verbunden und dann ins Dach geklebt werden. Wir gaben uns alle Mühe mit den vorhandenen Möglichkeiten an Klebstoffen, doch ein paar Blasen und Falten konnten wir dennoch nicht verhindern. Wir waren unendlich froh, als endlich auch die Seitenteile um die Fenster herum, die wir mit dünnem Holz verstärkten, um verschiedene Dinge leichter befestigen zu können, angebracht waren und das ganze innere Dach in neuem Glanz erstrahlte. Als dann noch die Lichtleisten ihre Arbeit taten, konnte man endlich das gemütliche Ambiente spüren, das wir uns vorgestellt hatten. Auch die äußere Seite des Daches nahmen wir uns vor und brachten an den vorgefertigten Rahmen das Solarpanel, die Sandtracks mit Schaufel und das Duschzelt bzw. die riesige neue Markise an, die uns in Windeseile großartigen Schatten um die Tilly herum spenden würde. Vorn kam noch ein Sonnenschutz über die Frontscheibe und eine neue Lightbar aufs Dach. Kleine Spotlights und ein Retro-Grill vervollständigten das Bild.
Nun war es endlich soweit: der Möbelbau konnte beginnen. Online hatten wir schönes Birkenholz mit weißer Beschichtung in Melbourne bestellt und holten dieses dort ab. Die großen Platten verschiedener Stärken passten für den Transport gerade so in unser Dach. Besondere Materialien kauften wir in der Großstadt gleich mit ein. Sowieso verbrachten wir im Laufe des Ausbaus endlos viel Zeit in verschiedensten Läden und stellten neue Zeitrekorde im Baumarkt auf, vier Stunden am Stück: vor allem der Gang mit den vielen kleinen Wasseranschlüssen und der Schraubengang waren sehr zeitintensiv.
Vom ursprünglichen Aufbau des Mobiliars änderten wir eigentlich recht wenig. Links kam das Sofa mit den großen Staufächern unter dem Sitz hin. Dahinter der Kleiderschrank, den wir so einbauten, dass man ihn auf einer Schiene nach vorn Richtung Beifahrersitz schieben konnte. Natürlich muss man den Sitz dafür umklappen, doch auf diese Weise erhält man ein zuzügliches Bett von fast 2 Metern Länge. Hinter dem Fahrersitz findet sich ein weiteres Regal, darunter der Wassertank mit Boiler und Pumpe, daneben der Kühlschrank. Am Ende des kleinen Gangs in der Mitte fand der erste ausziehbare Schieber seinen Platz. Dort verstauten wir alle Kosmetik- und Toilettenartikel. Und die rechte Seite zierte die schöne Küchenzeile mit ihrem großen Waschbecken, dem Kocher und den Fächern für Küchenutensilien, sowie einem belüfteten Obst- und Gemüsefach. Wie auch zuvor können wir unsere mobile Tischplatte quer zwischen Fenster und Küchenzeile einklemmen und zum Kochen und Essen perfekt daran Platz nehmen. Diese Platte kann aber auch als Bettverbreiterung im unteren Bereich dienen, sodass es sogar denkbar wäre, mit vier Personen im Auto zu übernachten. Unser Bett befindet sich ja nach wie vor im Dach, wofür wir uns noch eine neue Matratze gönnten, die etwas dünner und handlicher ist.
In der Fahrerkabine tat sich auch einiges. Wir misteten die alten Sitze aus und ersetzten die Zweierbank und den Fahrersitz mit zwei einzelnen Ledersitzen. So gewannen wir mehr Komfort und Platz beim Fahren. Auch mussten neue Armlehnen her. Deborah baute noch eine Mittelkonsole, die als Staufach und Armlehne diente. Das Dach der Fahrerkabine wurde neu verkleidet und mit Regalen ausgestattet. Jeder noch so kleine Stauraum musste schließlich genutzt werden. Viele verschiedene Arbeiten erledigten wir zum Schluss. Wir liehen uns eine Nähmaschine aus und nähten alle Gardinen, Vorhänge, Sitzbezüge und Kissen neu. Der hintere Tisch an der großen Tür bekam noch eine ausziehbare Verlängerung verpasst. Sven baute zwei Außenluken für Bergematerial und Werkzeug ein, zudem einen großen Schieber unter dem Auto. Dort konnten wir prima Sachen wie Motoröl oder Kühlflüssigkeit verstauen. Kurz vor Abfahrt entschieden wir uns noch für Aluminiumverkleidungen an den unteren Längen der Karosserie. Für die Optik und Langlebigkeit strichen wir die Bleche mit schwarzer Farbe. So verdeckten wir die durch Rost in Mitleidenschaft gezogenen Stellen und beugten weiterer Abnutzung in diesem Bereich vor.
Natürlich dauerte unser gesamter Ausbau weit mehr als zwei Monate, sodass wir bis Ende April ordentlich zu tun hatten. In der gesamten Zeit durften wir die Werkstatt von Adam, dem Mann, für den wir schon oft gearbeitet hatten, nutzen. Er stellte sie uns jeden Tag mit all seinen Werkzeugen zur Verfügung und wir waren sehr froh, einen Ort zu haben, an dem wir unser Projekt umsetzen konnten.
Der Ausbau der Tilly hat uns einiges an Zeit und Nerven gekostet, doch nun sind wir unfassbar froh über unsere „neue“ Tilly. Jeden Tag nutzen wir die durchdacht eingebauten Finessen unseres Autos und erfreuen uns einfach daran.
Bald erfahrt ihr mehr über unsere weiteren Erlebnisse in Australien. Allen erst einmal einen guten Rutsch ins neue Jahr, bleibt gesund und abenteuerlich!
12 Kommentare. Hinterlasse eine Antwort
Ihr wart echt so fleißig! Respekt!
Liebe Grüße kurz vor dem Jahreswechsel von Euree Mutsch
Danke, Mutti! Frohes neues Jahr Dir! 😘
Wow wie spannend …habe alles genau gelesen…auch ein kleiner großer Traum von mir ein Van auszubauen oder ein Tinyhouse zu bauen. Mal schauen. Euch einen tollen Start in 2023. Grüße aus ostSachsen
Hi Johanna, schön von dir zu hören! 😊 Freut mich, dass du unseren Bericht interessant findest. Hoffentlich kommst du irgendwann auch dazu, deinen Traum vom Bauen zu verwirklichen! Ein gutes Jahr 2023 für dich und deine Familie ☺️
WOW!Hut ab vor Euch zwei Allroundern und Weltenbummlern. Möge Tilly Euch treu zur Seite stehen auf dem Weg nach und durch Amerika.Ich bin beeindruckt von Eurer Leichtigkeot fern ab von deutschem Konsum und Planungssicherheit.Ihr seid grosartig! Genießt Euch und eure Wege!Lg Kerstin
Kerstin, schön von dir zu hören! Hab vielen Dank für die guten Worte, wir hoffen auch, dass Tilly alles gut meistern wird 😊 alles Gute für euch im neuen Jahr und Gottes Segen!
Na Gruß ihr BEIDEN!
Hoffentlich hält der Wagen jetzt ewig!
Auch euch ein gesegnetes Neues Jahr und Bewahrung bei allen Dingen!
Es grüßen Vati und Martina
Danke euch beiden! Ewig klingt gut, damit können wir leben 😀alles Gute euch!
Auch wir schicken die besten Wünsche für 2023 zu euch auf die Reise.🍀
Glück, Gesundheit und tolle Erlebnisse mit eurer neuen schicken Tilly.
Möge euer Fleiß und Kreativität sich gelohnt haben und sie treu zu euch hält 😉😃
Grüße aus Pulsnitz Eure Ellis
Vielen Dank euch! 🌷☀️ Ebenso alles Gute nach Pulsnitz, auf ein glückliches und gesundes neues Jahr! Lg 😘
Hallo und danke für diese ausführliche Beschreibung! So hatte ich mir das vorgestellt, als ich das letzte Mal gefragt habe, ob ihr mal einen Bericht mit Bildern über den Umbau machen könnt. Sehr ausführlich! Da habt ihr ja eine ganze Menge an Arbeit(sstunden) reingesteckt; jetzt scheint alles sehr schön und funktional geworden zu sein. Vielleicht können wir es irgendwann mal in echt sehen… . Grüße vom Bruder.
Ja gern. 😉 Wir sind soweit auf jeden Fall sehr zufrieden, hoffentlich bleibt das noch lang so. Besucher sind immer herzlich willkommen 🤗