

Vier Wochen, vier Familienmitglieder, zwei Autos
Die Wiedersehensfreude war riesig und nach ein paar Freudentränchen und verlegenen Blicken hin und her war alles wieder wie Früher. Wir tauschten ein paar Kommentare zu Äußerlichkeiten aus, fragten, wie es dem Anderen geht und wie die Anreise war. Somit waren alle dringlichen Angelegenheiten zunächst geklärt und wir konnten zum Geld abheben, Kaffeetrinken und zur Besprechung des weiteren Plans übergehen.
Am Abend hatten Deborahs Mutti und ihr Bruder bereits im Hostel eingecheckt. Sie überschütteten uns mit süßen, herzhaften und künstlerisch gestalteten Mitbringseln aus Deutschland. Es gab Lebkuchen, Nordsturm und Eierlikör, deutsches Haribo, Lindt-Schokolade und Knusperflocken und viele kleine Briefchen mit gebastelter Beilage. Nach einigen Kostproben konnten wir gemeinsam noch etwas in der Innenstadt herumschlendern. Von der sehr zentral gelegenen Unterkunft war es ein Katzensprung zum Swan River und in das Zentrum von Perth. Während des Spaziergangs erfuhren wir weitere interessante Neuigkeiten von zu Hause und staunten nicht schlecht über manches Ereignis, das bisher noch nicht bis Australien durchgedrungen war. Den Abend beschlossen wir mit einer großen runden Pizza.
Der nächste Tag brachte erstmal ein mächtiges Frühstück zu viert im Hostel mit sich, bevor wir uns ins Getümmel von Perth stürzten. Die Innenstadt war ziemlich schnell durchschritten. Bergauf kämpften wir uns zum Kingspark durch, der einen richtig tollen Ausblick über die Stadt bot. Am Nachmittag machten wir uns auf den Weg zum City Beach, der ein Stück außerhalb der Innenstadt liegt und deswegen mit der Tilly angesteuert wurde. Ein erstes Bad im Meer eröffnete den Abend, worauf ein ausgiebiges Barbeque auf einem öffentlichen Grill folgte und vom Sonnenuntergang begleitet wurde. Um 21 Uhr strahlte das erste Feuerwerk von der nahen Insel Rottnest Island zu uns hinüber, um 22 Uhr waren die Lichter viel näher, weil wir direkt an unserem Strand die Raketen bewundern konnten und um 24 Uhr hatten wir in der Innenstadt nochmal das Vergnügen, das neue Jahrzehnt mit großem Geballer begrüßen zu können.
Nach einer kurzen Nacht trafen wir uns gleich in Fremantle, einer beliebten und schnuckeligen Stadt südlich von Perth. Mit einem Eis in der Hand erkundeten wir die verschiedenen Gassen und Läden. Auch an der Promenade konnte man herrlich flanieren. Bei unseren Freunden, wo wir für ein paar Tage übernachteten, stellten wir unsere Pläne für die nächsten Wochen vor und brüteten über der Australienkarte. Nach Sydney in vier Wochen? Ein straffes Programm lag vor uns und die Lage mit den Buschfeuern war schwer einzuschätzen und nicht planbar. Den Camper holten wir bereits am nächsten Morgen bei der Vermietungsfirma ab und waren wenig später schon auf den Straßen Australiens unterwegs. Mutti bewährte sich sehr gut im vorherrschenden Linksverkehr, auch wenn im Laufe der Urlaubszeit manche knappe Situation dabei war. Es folgten ein Großeinkauf für grundlegende Lebensmittel und ein paar Kilometer Fahrt gen Süden. Die erste Nacht verbrachten wir direkt im Busch. Von der kleineren Dorfstraße, wo eben noch Kängurus unseren Weg kreuzten, bogen wir auf einen unbefestigten Weg in den Wald ab. Am Wegesrand war es ziemlich sandig. An einem geeigneten Fleck parkten wir die Tilly ein und Mutti tat es uns gleich. Sie blieb sofort stecken, konnte aber durch kräftiges Anschieben leicht befreit werden. Broiler, Brot und Salat waren ein tolles Abendessen, bevor wir die erste Runde des Kartenspielens am Abend einläuteten. Es sollten noch viele weitere folgen.
In der Region um Margaret River gab es viel zu sehen, zu schmecken und probieren. Wir begannen mit den Kostproben bei einer Käserei, die herrliche Stückchen des goldenen Glücks an ihrem Tresen bereitstellte. Die beiden freudig erstandenen Teilchen verschlangen wir in den nächsten Tagen genüsslich. Weiter ging die Wohlfühltour mit einer Chocolaterie, wo man löffelweise Schokodrops lutschen konnte. Das nächste Weingut lag nur ein paar Meter entfernt und bot spannende süße und herzhafte Aufstriche und Soßen und natürlich einige Weine und Liköre zur Verkostung an. Leicht beschwipst stiegen wir noch in einem Müsliladen ab. Um von diesen paradiesischen Eindrücken wieder etwas runter zu kommen, wählten wir den Weg weit unter die Erde. Unsere familiäre Reisegruppe stieg in die Tiefen der „Lake Cave“, also einer Tropfsteinhöhle mit unzähligen Stalaktiten und Stalagmiten, die 350 Stufen unter der Erdoberfläche neben den beeindruckenden Formationen auch einen kleinen See zu bieten hatte.
In den folgenden Tagen bewältigten wir die Strecke bis Esperance teilweise in sehr großer Hitze. Auf dem Weg und vor allem vor Ort gab es so schöne Ausblicke auf das Meer, wie man sie nur von Postkarten oder Hollywoodfilmen kennt. Die Urlauber kamen an den nicht endenden Stränden auf ihre Kosten was das Baden und Beachen anging und hatten sogar das Vergnügen, im Nationalpark kleine Kängurus am Strand kennen zu lernen und ausgiebig zu streicheln. Die niedlichen Gauner ließen sich das nur zu gut gefallen und hofften nebenbei auf einen oder zwei Happen Essbares. Nur die Situation der Buschfeuer trübte nicht nur den Himmel, sondern im Laufe der Zeit auch etwas die Stimmung. Wir mussten zwei Tage ausharren und für die Öffnung des Highways gen Osten hoffen und beten. Für unsere Route nach Sydney gab es nur jene eine Straße. Während dieser Zeit nahmen wir die ausgesprochen tolle Gastfreundschaft von John und seiner Familie in Anspruch und campten einige Nächte im Garten zwischen Kängurus, Riesenameisen und Hühnern.
Als der Highway endlich wieder geöffnet wurde, war die Hektik groß. Schnell frühstückten alle und machten die Fahrzeuge reisefertig. Dann erklang der Startschuss für den Marathon durch das Nullarbor. In nur drei Tagen spulten wir 1500 Kilometer Asphalt ab und fanden noch die Zeit, Ausblicke zu genießen, das Nullarbor Roadhouse zu besuchen und Pancakes zum Frühstück zu backen. Von Westaustralien hatten wir es nun schon bis Südaustralien geschafft und zeigten unserem Besuch auch Smoky Bay, wo wir im letzten Jahr so viele Austern aus dem Meer gefischt hatten. Für die Nacht fanden wir wieder ein ganz besonders schönes Plätzchen bei Streaky Bay direkt an den Klippen über dem blauen Meer. Canasta, Cambio und Rommé machten uns müde, das Wellenrauschen wiegte uns sanft in den Schlaf.
Ein heißer Morgen erwartete uns am nächsten Tag. Das Tagesziel hieß Port Augusta. Bis auf eine Erfrischung im öffentlichen Pool einer Kleinstadt und dem permanenten Ausweichen vorbei an toten Kängurus passierte in der australischen Hitze wenig. Die zweite Großstadt, Adelaide, war da schon interessanter. Zwei Tage später stapften wir von der Markthalle zu Museen, durch die Innenstadt, am Fluss entlang und wieder zurück zur Markthalle. Am Strand fanden wir einige Camper vor und fragten nach, ob man hier gut übernachten könne. Als die australische Frau das bejahte und ihre Antwort mit 19 Monaten Übernachtungserfahrung in ihrem Bus an diesem Parkplatz belegte, war für uns die Sache klar. Einer weiteren Nacht am Strand stand nichts mehr im Wege.
Obwohl wir uns schon dachten, dass die Bäckereien im deutschen Hahndorf nicht mit echten deutschen Backwaren mithalten konnten, beäugten wir jede Backstube des Ortes, bevor wir uns zum Kaffeetrinken niederließen. Die Cremeschicht des Bienenstichs war viel zu fett, der Apfelstrudel sah aus wie von gestern und die Schwarzwälder Kirschtorte kam ebenfalls etwas traurig daher. Zum Schluss fanden wir am Ende der langgezogenen Straße des Örtchens, wo unter Lindenbäumen deutscher Schnickschnack, aber auch Plunder aus aller Herren Länder angeboten wurde, ein nettes Café mit tollem Flat White, Möhrenmuffins, Fruchtteilchen und Käsekuchen zum Dahinschmelzen.
Das zünftige australische Frühstück war weg wie nix. „Bacon and Egg on Toast“ mussten wir doch unserem Besuch dringend ein mal zaubern. Meist kochten wir im ausgeliehenen Camper und erledigten auch den Aufwasch dort, weil für uns vier einfach mehr Platz war. Eine solche Stärkung war genau das Richtige für die uns bevorstehende Weinverkostung. Im gleichen Ort, wo wir damals die Weinreben gepflückt hatten, besuchten wir nun das älteste Weingut der Region und ließen uns ordentlich einschenken. 13 verschiedene Kostproben landeten nacheinander in unseren Gläsern, vom leichten Weißen zum schweren Chardonnay, über fruchtigen Shiraz und verschiedenste Cabernet Sauvignons der umliegenden Weinpflanzen bis hin zu älteren und wertvolleren Schlückchen. Den Abschluss bildete ein süßer Desertwein, der neben zwei anderen Flaschen für den nächsten besonderen Anlass erstanden wurde.
In Victoria bemerkten wir die ersten richtigen Spuren der verheerenden Waldbrände. Kilometerlang fuhren wir an schwarzen Stämmen vorbei, die Blätter waren braun und sahen wie Herbstlaub aus. Teilweise war der Waldboden übersät mit Asche. Wenige Meter weiter fanden wir das Gehölz wieder völlig normal vor. In manchen schwarzen Stämmen ergrünten schon erste neue Austriebe und gaben Hoffnung auf eine schnelle Erholung von den Schäden.
In Port Fairy wollten wir eigentlich nur mal eine Toilette ansteuern, fanden dann aber einen schönen Wochenendmarkt vor, der lokale Spezialitäten handwirtschaftlicher und essbarer Art anbot. Die Mädels waren ganz in ihrem Element und kauften auch ein paar Mitbringsel für zu Hause, während die Jungs eher auf ein baldiges Fortkommen hofften. Schließlich wollten wir am Abend noch die „zwölf Apostel“ sehen und einige Stops der „Great Ocean Road“ auf dem Weg angehen. Die folgenden Stunden brachten Zusammentreffen mit Koalas und Emus, wunderschöne Ausblicke auf die herrliche Küstenlandschaft und auf bizarr geformte Felsen im Meer, das Erspähen eines (nur in Australien vorkommenden) Echidnas und die Beobachtung von Pinguinen, die allabendlich in Reih und Glied aus dem Meer zu ihren Nachtquartiere an den Dünen marschierten.
Die verblüffende Küstenstraße begleitete uns noch fast zwei Tage. Unser Besuch unternahm nun zu zweit einen Ausflug in das quirlige Melbourne, während wir uns schonmal wieder etwas in der Arbeitswelt umschauten. Die Großstadt hat ihnen gut gefallen und wir setzten unsere Route gen Norden fort. Der neue Bundesstaat war New South Wales und brachte tropische Anzeichen mit sich. Alles war grün, es gab Palmen und das Meerwasser wurde etwas wärmer. Über eine weitere ehemalige Arbeitsstelle von uns, dem Kaktusfeld, erreichten wir schließlich die Hauptstadt Canberra und fühlten uns am See wie auf einem Dorf in Deutschland. Das Zentrum glich einer Geisterstadt. Nur wenige Menschen waren unterwegs, der Wind hatte die Blätter von den Bäumen gefegt und ein mächtiges Chaos angerichtet. Zu allem Übel hing auch noch eine braune Wolkendecke über der Szenerie, die sicherlich durch Buschfeuer und Sandstürme verursacht wurde. Wir flüchteten in das Parlament und schlenderten durch die Porträt Galerie, das Kriegsdenkmal und die Münzprägeanstalt. Am Abend kochte der Jüngste eine wunderbare Asianudelsuppe und wir krochen erschöpft ins Bett.
Die restlichen Tage mit dem Camper verbrachten wir damit, an der Küste entlang Richtung Sydney zu fahren. Einige Badestops und frischer Fisch versüßten uns die Zeit. Dann war es schon soweit, den lieb gewordenen Camper wieder abzugeben. Es lief alles glatt. Nach 6062 Kilometern waren wir sehr froh, unbeschadet, rechtzeitig und mit massenhaften Eindrücken an unserem Zielort angekommen zu sein. Drei Nächte hatte unser Besuch in einer Unterkunft gebucht und wir erkundeten die schöne Stadt gemeinsam. Zunächst verschafften wir uns mit „Fähre fahren“ einen ersten Überblick und kauften dafür vier Tagestickets. Die wollten natürlich ordentlich genutzt werden, wodurch wir den ganzen Nachmittag auf dem Wasser verbrachten. So viele kleine Buchten fügten sich, wie Mutti so schön beschrieben hat, zu einer „einzigartigen Landschaft“ zusammen und bildeten insgesamt die weltweit bekannte Stadt Sydney. Auch die Innenstadt wollte mit der Kunstgalerie, ihren schönen Parks und Kirchen, den Markthallen, den Museen und Läden und natürlich mit dem Opernhaus und der Harbour Bridge erkundet werden. Am allerletzten Abend schafften wir es schließlich, das schon seit Wochen erwünschte Gericht „Fish & Chips“ zu testen und hatten ein wunderbares Abschiedsessen unterhalb der tonnenschweren Harbour Bridge.
Der Abschied war genauso tränenreich wie die Begrüßung es gewesen war und zeigte uns, dass wir die gemeinsame intensive Zeit doch sehr genossen hatten. Wir bedanken uns sehr herzlich für euren Besuch und sind froh, dass alles so gut geklappt hat. Schön, dass wir unser Leben in Australien mal jemandem zeigen konnten!
4 Kommentare. Hinterlasse eine Antwort
Das habt ihr hervorragend zusammengefasst! Vielen Dank! Unser Besuch war so aufwändig und liebevoll vorbereitet, geplant und durchgeführt! Einfach Spitze! Dafür sind wir sehr dankbar! Australien kann man nicht erklären, das muss man erleben. Höchst eindrucksvolle Wochen liegen hinter uns. Alles Gute für Euch!
Vielen Dank für das Lob 😊
Es war sehr schön, euch hier zu haben!! Dass man es selbst erleben muss, sehen wir auch so. Nur dann bekommt man einen guten Eindruck von diesem Kontinent.
Ja, das sind wirklich mal bekannte Gesichter, die Australien erkunden. Vor allem das eine Gesicht hätte wahrscheinlich niemals gedacht, jemals (fast) bis ans andere Ende der Welt zu reisen. Aber jetzt ist es passiert. Ihr freue mich für euch, dass es geklappt hat und ihr wieder mal Besuch aus der Heimat hattet. Wir würden euch auch gern mal besuchen, aber es ist uns einfach zu weit. Vielleicht ist das nächste Land auf eurer Weltreise ja Tschechien, dann kommen wir auch zu Besuch und ziehen von einem Strand zum andern! Grüße und danke für eure schriftlichen Grüße und das schöne Bild
Tja, in der heutigen Zeit weiß man nie, wie schnell sich Pläne ändern können oder müssen. Hoffen wir, dass die kommenden Wochen und Monate vor allem Gutes und Gesundheit bringen.