

Westküstenmomente
Ankommen in Perth ist immer wieder wie nach Hause kommen. Damals, im Juli 2018, hatten wir in dieser lässigen Stadt am Meer unser Australienabenteuer begonnen und eine gewisse Verbundenheit zu dem Ort aufgebaut. Viele Nächte standen wir auf dem Parkplatz direkt am Meer und nahmen die rauschenden Wellen mit in den Schlaf. Nun sollte dies wieder ein kurzer Zwischenstop auf dem Weg zum nächsten Abenteuer sein. Das Wiedersehen mit Jano, unserem Kumpel aus Deutschland, war natürlich wunderbar. Wir hatten alle in den letzten Jahren so viel erlebt und dementsprechend eine Menge zu erzählen.
Nach wenigen Tagen voller Vorbereitungen ging es auch schon los. Zwei Schweizer hatten unabhängig voneinander den Kitetrip bei Jano gebucht und mieteten sich zusammen einen Toyota Hilux, der mit zwei Dachzelten ausgestattet war und prima im Gelände zurecht kam. Emma und Emmanuel hatten zuvor schon Kontakt zueinander aufgenommen, lernten sich aber erst in Australien richtig kennen. Sie waren ein super Team und sehr entspannt drauf. So fuhren wir mit Jano vorneweg, den Schweizern in der Mitte und uns hinten dran, gen Norden. Das Wetter war traumhaft, schön warm und sonnig. Was nun aber zählte, war der Wind. Denn mit ihm steht und fällt alles beim Kitesurfen. Stundenlang philosophierten wir über Windstärken, Windrichtungen, Böen und Windfenster. Dazu kamen die örtlichen Gegebenheiten mit der Länge und Breite des Strandes, der Tiefe des Wassers, der Höhe der Wellen und eventuellen Hindernissen im Wasser und an Land. Eine Wissenschaft für sich! Die perfekten Kitespots hatte Jano zum Glück schon in petto und zu Beginn waren die Windbedingungen sehr gut.
Jetzt kam noch die ganze Ausrüstung dazu. Es musste entschieden werden, welchen Kite man in die Luft bringen wollte. Auf die Größe kam es an, mehr Wind bedeutete eine kleinere Größe, bei weniger Wind kam entsprechend ein größerer Drachen zum Einsatz. Unser Kitelehrer zeigte uns, wie man dieses monströse Teil aufbaute, aufpumpte und die Leinen legte. Zwei Leute starteten das imposante Flugobjekt, was trotz seiner Größe erstaunlich ruhig am Himmel zu halten war. Die Flugmanöver und Sicherungskniffe übten wir am Strand. Während Emma und Emmanuel bereits durch das blaue Meer surften, mussten wir uns als nächstes noch ohne Board durchs Wasser ziehen lassen. Also Neoprenanzug an, Harnisch anlegen und mit der Kite-Bar verbinden. Bei dem kleinsten Manöver Richtung Powerzone des Windes wurden wir davongetragen. Also mussten wir uns mit viel Feingefühl und ein bisschen Mut lang wie ein Brett ins Wasser legen und mit der Kraft des Drachen durch die Wellen ziehen lassen. Hatten wir diese Lektion einmal gelernt und konnten uns ordentlich in eine bestimmte Richtung ziehen lassen, war die nächste Herausforderung, das Board dazu zu nehmen.
All diese Lerneinheiten fanden natürlich über mehrere Tage verteilt statt. Manchmal war der Wind zu schwach oder wir fuhren wieder ein ganzes Stück bis zum nächsten traumhaften Spot. So schlängelten wir uns die Westküste bis nach Exmouth hinauf und verbanden ruhige windstille Vormittage mit actionreichen Nachmittagen. Meist kamen wir erst mit dem Sonnenuntergang aus dem Wasser, duschten dann schnell das Salz und den Sand ab und machten uns ein schönes Abendessen. Zur Ausstattung des Geländewagens der Schweizer gehörte auch ein Gasgrill, der jeden Abend angeschmissen wurde, um Fleisch, Pilze, Käse und Gemüse gar zu grillen. Das zugehörige Bier durfte natürlich auch nicht fehlen. Die Abende unterm Sternenhimmel waren kalt und windig, aber immer gesellig und schön. Zum Schlafen standen wir direkt am Strand oder ganz in der Nähe davon. Einen Campingplatz brauchten wir nicht, richtiger Abenteuerurlaub ohne ordentliche Dusche und Toilette war auch unseren Schweizer Freunden ganz recht. Einige Kilometer legten wir direkt am Strand auf feinem Sand zurück. Ständig mussten wir aufpassen, dass wir nicht stecken blieben. Der Untergrund war tückisch, mal war der Sand fest und gut zu befahren, dann wieder sehr lose und tief. Einmal kamen alle Sandbleche, Schaufeln und jegliche Muskeln der Truppe zum Einsatz, als Tilly feststeckte. Direkt neben dem salzigen Meer saß sie so tief im Sand, dass kein Weiterkommen mehr war. Die Reifen hatten wir bis zum Maximum herunter gelassen und viel geschaufelt, aber es half nichts. Jano zog die schwere Tilly schlussendlich aus der misslichen Lage und blieb dabei fast selbst noch stecken. Nicht ganz ohne, dieses Offroad fahren, aber immer ein Abenteuer.
Den Drachen hatten wir mittlerweile ganz gut unter Kontrolle, konnten die Richtung und Zugkraft bestimmen, vom Boden Starten und gefühlvoll Landen. Abwechselnd machten wir uns nun mit dem Kiteboard vertraut, legten uns zunächst ins Wasser, steckten das Board an die Füße und übten den schwierigsten Teil des Kitesurfens, den Wasserstart. Dabei lenkten wir den Kite von zwölf Uhr mit etwas Schmackes in die Powerzone und versuchten gleichzeitig vom Liegen ins Stehen zu kommen. Ständig hatten wir zu wenig oder zu viel Zug, rutschten aus dem Board heraus, legten uns glatt übers Brett ins kühle Nass oder versackten einfach wieder nach hinten. Es dauerte einige Zeit, bis wir die ersten erfolgreichen Versuche zeigten. Da der Wind und die Strömung uns immer weiter weg trugen, mussten wir uns gegenseitig haltend den ganzen Weg im Wasser zurück laufen. Mit dem Kite in der Luft war das selbst zu zweit ein Kraftakt, der uns unsere Muskeln am Abend spüren ließ. Umso größer war der Erfolg gegen Ende der Tour, als wir nach einiger Quälerei mit glücklosen Wasserstarts und vielem Zurücklaufen endlich ein paar Meter selbstständig über die Wellen fuhren. Von dem Kite gezogen zu werden, war ein irres Gefühl. Am letzten Abend glückte dann auch noch das gegen den Wind zurück Fahren, sodass wir uns das anstrengende Zurücklaufen sparen konnten. Zwei graue Stachelrochen mit enormem Durchmesser begleiteten uns auf unseren Wegen durch und über das Wasser. Ziemlich neugierig schwammen sie dicht an uns vorbei. Als Deborah auf ihrem Rückweg Richtung Land dann einen massigen Haifischkopf unter sich entdeckte, beschleunigte sie hektisch ihre Fahrt und brachte sich am Strand in Sicherheit. An anderer Stelle zog sie ihre letzten Runden auf glatter Wasseroberfläche und wurde vom Land aus von der Truppe angefeuert. Schade, dass der Trip nun schon zu Ende war, denn jetzt fühlte sich das Ganze endlich nach richtigem Kitesurfen an!
6 Kommentare. Hinterlasse eine Antwort
Ach man war das schön, kommt mir vor wie eine halbe Ewigkeit her.
Ja wir fanden es auch richtig schön mit euch ☺️ gerne wieder irgendwann 🙃
Klingt einfach nur herrlich!
Das war es auch! 😍 Wäre bestimmt auch was für dich 😉
Da habt ihr mal wieder eine neue Sportart ausprobiert. War das die bisher schlimmste Erfahrung mit eingegrabenem Auto?
Ja das Kitesurfen hat echt Spaß gemacht 😉
Das war die zweitschlimmste Erfahrung, da wir bei der brenzligsten Situation bisher niemanden sonst dabei hatten, der uns hätte rausziehen können. Da wird es dann echt knapp, wenn man es allein mit buddeln und Sandblechen nicht mehr schafft.