

Wir wandern bis zum Umfallen
Kurs auf die Berge! Das war schonmal klar. Natürlich wollten wir in der Slowakei die Hohe Tatra mit ihren schneebedeckten Wipfeln sehen und ein bisschen wandern gehen. Auf dem Weg zu unserem Ziel säumten Kilometer von Wald die Route, grüne Wiesen und kleine Flüsse ergänzten die Schönheit der Natur. Ein perfektes Gebiet für Braunbären, mussten wir immer wieder denken. Tatsächlich sollte uns der Respekt vor einem Zusammentreffen mit diesen massigen doch plüschigen Tieren noch einige einwandfreie Spots zum Übernachten verhageln. Doch Natur gab es wahrlich genug, sodass wir uns zum Campen lieber an Orte hielten, die zumindest tagsüber bevölkert waren. Im Städtchen Sillein schauten wir uns zunächst etwas um und legten dann einen Mittagsschlaf im Park ein. Danach machten wir uns auf Schlafplatzsuche. In der Slowakei kamen uns Gebiete von Anglern wie gemacht für eine Nacht im Zelt vor. So landeten wir für die erste Nacht an der Waag. Neben einer größeren Straße führte ein kleiner Weg zum Fluss und bot uns ein Plätzchen am Wasser.
Auch die folgende Nacht verbrachten wir an der Waag, diesmal war sie zum Liptauer Stausee umgestaltet. Einige Einheimische und Touristen gingen hier baden, am Abend waren sie alle wieder verschwunden. Nur wir beide blieben da und verspeisten unsere Nudeln mit Gemüse am Seeufer, bevor wir vor den Mücken ins Zelt flohen.
Es ging weiter gen Osten, bis wir plötzlich den krummen Kriváň entdeckten, ein 2494 Meter hoher Berg am westlichen Rand der Hohen Tatra. Seine spezielle Form macht ihn unverkennbar, sodass er als eine Art Nationalsymbol gehandelt wird und wir ihn später auf einer fünf Cent-Münze direkt wieder erkannten. In Štrbské Pleso (Tschirmer See) gönnten wir den Motorrädern eine Pause und freuten uns auf etwas Bewegung. Es ging vorbei an den Skisprungschanzen ehemaliger Weltcups, die heute leider nicht mehr genutzt werden. Den Lift zum Gipfel ließen wir links liegen und erklommen den steilen Aufstieg zum Vorderen Salzberg (Predné Solisko) hinauf. Der Weg führte auch durch ein kleines Schneefeld, das für viele Wanderer zur Rutschpartie wurde. Vom Gipfel aus hatten wir eine gute Rundumsicht mit Blick in die schroffen Berge auf der einen und ins grüne Tal auf der anderen Seite. Auf dem Rückweg drehten wir noch eine Runde um den schönen See und fuhren dann zu einem weiteren kleinen Anglersee etwas außerhalb des Ortes zum Zelten. Von dort aus hatten wir wiederum eine tolle Aussicht auf die abendlich orange angestrahlten Berge.
Das „kleinste Hochgebirge der Welt“ wollten wir am nächsten Tag noch einmal auf uns wirken lassen und entschieden uns für eine gemäßigte Route, die im Örtchen Vysoké Tatry startete. Auch hier fanden wir einen guten Parkplatz für die Bikes und schauten den Touristen beim Einsteigen in die Standseilbahn zu. Der Weg hinauf war glücklicherweise nicht ganz so steil wie am Tag zuvor. Entlang eines glasklaren und eiskalten Gebirgsflusses lief es sich von ganz allein. Ein paar Wasserfälle waren schöne Zwischenstops auf dem Weg zur Zamkovského Hütte. Das Ziel war eher unspektakulär und ohne besondere Aussicht, doch die urige Atmosphäre der ausruhenden Wanderer mit günstigem kühlen Fassbier auf 1475 Metern Höhe machte alles wieder wett. Wir packten unsere delikaten Knacker und köstlichen slowakischen Räucherkäse aus und bissen ab und zu vom Brot ab. Als wir auf anderem Wege wieder nach unten kletterten, kamen uns zwei junge Lastenträger entgegen. Sie hatten süße Getränke und ein Fass eben diesen Bieres gebuckelt, pressten die Arme an den Körper und spannten die Muskeln an – Respekt! Ein Stück weiter stürzten sich wieder Wasserfälle lautstark in die Tiefe. Man konnte sein eigenes Wort kaum verstehen. Das letzte Stück zog sich etwas hin, doch dann waren wir wieder im Ort und bald stand auch schon das Zelt bereit, am gleichen See wie in der Nacht zuvor.
Über Poprad ging es nun in das sogenannte Slowakische Paradies, ein bergiger Nationalpark mit tollen Wandermöglichkeiten. Diesmal wollten wir aber keinen Berg erklimmen, sondern das Gegenteil tun. Wir hatten von einer abenteuerlichen Schlucht mit Holzpfaden und Metallleitern gelesen, der Suchá Belá. Der Parkplatz war gerappelt voll, der Weg zur Schlucht eine grüne Wiese. Schlagartig ebbte das Gewusel ab und die Strecke wurde anspruchsvoller. Einen richtigen Weg gab es nicht, wir mussten uns vielmehr unsere eigene Route über lose Steine und wippende Baumstämme suchen. Nass und schlammig war es auch noch. Dann kamen die Leitern. Bisher hatten wir nur einen Menschen getroffen. Steil und wackelig führten die Stufen an Wasserfällen und imposanten Felsen vorbei in die Höhe. Insgesamt brauchten wir über zwei Stunden durch die Schlucht und hatten dabei gar nicht gemerkt, wieviele Höhenmeter es gewesen sein mussten. Der Weg zurück ging nämlich ganz schön steil wieder nach unten. Die Wanderung der etwas anderen Sorte hat uns aber gut gefallen und wird noch lang in guter Erinnerung bleiben.
Als Nächstes stoppten wir in Banská Štiavnica (Schemnitz), einer hübschen ehemaligen Bergbaustadt. Deshalb ist sie auch als die „Silberstadt“ bekannt. Die prächtigen Gebäude, Kirchen und Schlösser sprechen hier für sich und auch der Kalvarienberg mit seinen zwei Kirchen und 24 Kapellen zum Leben und Leiden Jesu Christi und seiner Mutter Maria war etwas Besonderes.
An diesem Tag kamen wir noch bis kurz vor die Hauptstadt und steuerten erneut ein Anglerrevier an. Da die Regenwolken immer dunkler wurden, bauten wir das Zelt im Rekordtempo auf und schafften es sogar, das Abendessen noch im Trocknen zu kochen. Als alle Töpfe wieder sauber waren, begann es zu regnen. Gutes timing! Dennoch mussten wir am Morgen ein tropfnasses Zelt in die Tasche packen und bekamen in Bratislava noch mehr Regen ab. Ohne uns davon beirren zu lassen, spazierten wir durch die Gassen und machten Fotos von den wichtigsten Sehenswürdigkeiten. Leider war die Burg aufgrund eines B9-Treffens für Besucher geschlossen. Eine Menge Sicherheitsleute und schwarze Limousinen tummelten sich an der Burg und dem Regierungsamt. Auf einmal sperrte die Polizei die Straße ab und ließ mehrere wichtige Fahrzeuge eilig passieren. Sven wechselte schnell die Straßenseite und hielt mit der Kamera drauf. Sofort stellte sich ein ernster Bodyguard dicht neben ihn und beobachtete übergenau seine Bewegungen. Ein paar Leute stiegen aus den Autos, schnell waren sie im Gebäude verschwunden. Mit bloßem Auge erkannten wir niemanden, nur die Kamera zeigte auf dem letzten Foto beim heranzoomen den NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg an.
Die nächste Großstadt war nicht weit. Manchmal verbrachten wir mehr Zeit zu Fuss als auf unseren Maschinen. Ein guter Mix aus beidem ist uns aber immer noch das Liebste.
2 Kommentare. Hinterlasse eine Antwort
Schön beschrieben, als würde man mitfahren. Sehr schöne Welt.
Danke Papi! Nächstes Mal fährst du einfach mit ☺️